Rituelle Störung
Covenant ⎢ Modern Ruin Tour ⎢ 22.04.2011 ⎢ Batschkapp ⎢ Frankfurt
Wir wollen nichts anbrennen lassen. Unser Kind soll so früh wie möglich musikalisch gefördert werden. Da kam das Covenant-Konzert am Karfreitag in Frankfurt gerade rechtzeitig. Im 6. Monat (ca. 4 vor Geburt) ist das Gehör angeblich bereits ausreichend funktionsfähig für Klang und Gesang. Und für gehörigen Bassdruck sind Covenant allemal bekannt.
Wir konnten an diesem vorösterlichen Abend ausnahmsweise keine größere Rücksicht auf religiöse Gefühle von Hinz und Kunz nehmen. Um die gesetzlichen Auflagen zum Karfreitag einzuhalten, hat der Veranstalter all denen Recht gegeben, die uns immer attestieren, dass das, was wir voller Freude an unsere Ohren lassen, eh keine Musik sei. Ist es keine Musik, was da vorgetragen wird, sind die Bewegungen der Besucher logischerweise auch kein Tanz. Selten war es so leicht, dem Gesetz genüge zu tun.
Die heitere Haltung des Veranstalters erkannten wir auch an der Wahl des Einlaßstempels. Nachdem alle Zuschauer als Hasen „abgestempelt“ wurden, kamen wir in die Röhre. Jedenfalls war die Temperatur im Konzertsaal zum Durchgaren durchaus geeignet.
Mit Patenbrigade Wolff und Decoded Feedback gab es zwei Vorbands, bei denen zwar die Technik funktionierte, die aber weitestgehend eine Zumutung für unsere Ohren und unseren Intellekt darstellten.
Der eigentliche Konzertbeginn verzögerte sich deutlich, weil irgendein Kabel am Mischpult nicht so mitmachte, wie sich die Crew das gedacht hatte.
Als es endlich losging und Covenant mit einem Intro im Stil des Spaceballs-Films den ersten Song Stalker ablieferten, waren wir alle schon dehydriert, hatten Knick-Senk-Spreiz-Füße und waren von der Gegenwart unseres Nebenmanns grundsätzlich genervt. Durch weite Teile des Konzerts zog sich eine Unvollkommenheit in der Darbietung, so dass ich mich frage, ob das, was die Jungs sonst an ihren MacBooks zusammenbasteln, überhaupt live abzuliefern ist. Es hakte an den Einsätzen von Mensch und Maschine sowie den Tonlagen beim Duettgesang.
Besonders wichtig war das Konzert für mich jedoch, weil ich mit dem neuen Album in weiten Teilen nicht viel anfangen konnte. Einige Stücke habe ich erst durch dieses Konzert verstanden und höre sie jetzt um so lieber. Der jüngste Floorburner Lightbringer hingegen verliert in der Live-Version. Aber Licht hatten Covenant reichlich für uns mitgebracht.
Absolute Höhepunkte waren die Evergreens Ritual Noise, Dead Stars und natürlich Call The Ships To Port. Dieses Lied ist live einfach unvorstellbar schön und ich musste mich unbedingt „bewegen“ und konnte nicht filmen. Hier die Impression eines bewegungsarmen Drittanbieters:
Diese Musik gefällt mir so einmalig gut, dass ich sie mir einfach nicht leidhören kann. Wie schön, wenn man Dinge findet, die sich nicht abnutzen.
So, liebes Kind, ich habe Dir ein Tourplakat, ein T-Shirt und einen Aufkleber gekauft, damit Du Dich noch lange an Dein erstes Konzert erinnerst!
10. April 2012 um 16:57
Ich finde PATENBRIGADE WOLFF richtig geil. Allein diese durchgeknallten Typen wären für mich ein Grund gewesen dort hinzugehen. Aber Geschmäcker sind halt verschieden. Auf jeden Fall finde ich Deine Konzertbeschreibung echt gut. Grüße, Eric
26. April 2011 um 14:40
Ich hätte auch niemals geglaubt das Covenant live noch mal so genial rüberkommen, vielmehr hatte ich keinerlei Hoffnung mehr darauf. Insbesondere nach dem OnStage Alkohol Exzess beim letzten Etropolis Festival. Wer jedoch die Patenbrigade als Zumutung für seinen Intellekt versteht, hat wohl überhaupt nichts verstanden.
26. April 2011 um 15:02
Das Desaster vom Etropolis Festival habe ich nur über das Netz mitbekommen. Auf den Amphi-Festivals 2008 & 2009 waren Covenant meine persönlichen Highlights. Ansonsten liegst Du bestimmt richtig mit Deiner Vermutung. Ich glaube auch zunehmend, „überhaupt nichts verstanden“ zu haben. Einige Stücke von Patenbrigade Wolff (z.B. Schallplattenunterhalter) finde ja ich ganz gefällig. Ich habe aber eine ausgeprägte „Bob der Baumeister“-Phobie…
25. April 2011 um 18:57
Ach, wie genial und was hab ich mal wieder gelacht über diesen Bericht! Schönes Bild übrigens von der Batschkapp von außen – mir sind die drei gesprayten Köpfe irgendwie noch nie so aufgefallen. Vermutlich geh ich immer zu nah an der Wand lang…
Warum an Ostern nun Konzerte aber keine Discos stattfinden konnten, aber Tanzen verboten ist versteht ja eh kein Mensch, aber deine Argumentation und die der Veranstalter ist klasse! Ich hätte hier noch eins: Was ist eigentlich mit dem Ostertanz, die ja auch überall schon in grauer Vorzeit und aus Tradition stattgefunden haben?? Aber egal. Schön, dass keiner kontrolliert hat, ob Deine Bewegungen jetzt an Tanz erinnerten oder nicht.
Covenant – nun, ich hab sie glaube ich 2003 im KUZ mal gesehen – aber für mich ist das eben eine Band, die besser von Platte kommt und live nicht allzu viel rüberbringt. Aber bei dir hat das Konzi ja immerhin in Bezug auf die neuen Stücke gewirkt – Klassenziel erreicht für Covenant, würde ich sagen.
„Call the ships to port“ ist auch eines meiner Lieblingsstücke – absolut genial. danke für das Video dazu. War es denn die Batsche eigentlich voll bis obenhin oder konnte man sich noch gut bewegen? Und was hat der kleine blinde Passagier-Hase bei den Klängen ausgetan?? Mitgehüpft?
25. April 2011 um 22:34
Danke für Deinen Kommentar. Freut mich, dass der Artikel Dich zum Lachen gebracht hat. Und ja, der blinde Passagier hat erst ein wenig mit dem Fuß den Takt gewippt (Tanzen war ja verboten) und ist dann wohl in Ermangelung einer für ihn wahrnehmbaren Lichtshow eingeschlafen. Das verraten wir der Band aber nicht, sonst sind die bestimmt beleidigt.