Archiv für Einstürzende Neubauten

Ich vermisse John Cage!

Posted in allgemein with tags , , , , , , , , , , on 1. Oktober 2012 by tobikult

Es ist doch immer das Gleiche! Wir vermissen erst dann etwas, wenn es von einem Tag auf den anderen nicht mehr da ist. Egal ob wir unsere Aufmerksamkeit schon einmal darauf gelenkt haben, oder nicht. So geht es bestimmt vielen Menschen mit den Installationen in Gedenken an John Cage am Hauptbahnhof Darmstadt. Cage wäre dieses Jahr 100 Jahre alt geworden. In und um den Bahnhof herum wurden Zitate, Kunstwerke und Klanginstallationen angebracht und haben sein Erscheinungsbild geprägt. Das alles hat so gut zum Ort gepasst, es hätte für immer dort bleiben können.

Besonders gefreut hatte ich mich auf die offizielle Eröffnung dieses Gesamtkunstwerks. Hier wollte Blixa Bargeld von den Einstürzenden Neubauten seine Zuneigung zu John Cage durch eine Lesung zum Ausdruck bringen. Leider ist Blixa Bargeld nicht Gott und konnte krankheitsbedingt nicht performen. Die tägliche Freude über die Installationen hielt aber einen Sommer lang an.

Nun ist der Herbst da, alles was an John Cage in Darmstadt erinnert wurde abgebaut und Kunst ist wieder zur Mangelware auf meinem Weg zur Arbeit geworden.

Einige Impressionen konnte ich vor der Demontage, dank üppiger Verspätung meines Zuges, mit dem mobile Device einsammeln.

Mein Lieblingszitat (gefunden an einer Bushaltestelle), das dem Erfinder des Happenings zugeschrieben wird, lautet:

(Davon sollte ich mir glatt einen Button basteln 🙂 )

Gleich neben dem Bahnhof wurde ein Mitmach-Café eingerichtet, dass unter dem Namen „Cage & Cola“ den Happening-Charakter gut zur Geltung brachte.

Dass der Musikphilosoph John Milton Cage Jr. eine starke Selbstwirksamkeitserwartung hatte, steht außer Frage, aber seinen Locus of Control setzte er offensichtlich produktiver als andere ein, und inspirierte damit seine Zeitgenossen und nachfolgende Generationen. Dabei kamen auch so lustige Maschinen heraus wie die „SG-2000“ von Simon Mellnich und David Janzen, die im Inneren des Bahnhofs ausgestellt wurde.

Für alle Reisenden, die sich von Cage und den aktuellen Installationen inspiriert sahen, stand eine Bühne zur Verfügung und lockte so zu eigenen künstlerischen Wagnissen.

Als Büromensch nutze ich gerne jede Gelegenheit mich zu bewegen und so meide ich Rolltreppen und Fahrstühle, wo es nur geht. Für die Klanginstallationen in den Fahrstühlen zu den Gleisen habe ich aber eine Ausnahme gemacht und bin eine Runde auf- und abgefahren.

Gothic Friday im Juli

Posted in allgemein with tags , , , , , , , on 10. Juli 2011 by tobikult

Diesen Monat geht es beim Gothic Friday um Symbole und deren Verwendung in der Gothic-Szene. Schönes Thema, das das Soziologenherz höher schlagen lässt.

Ich hatte zwar auf ein Juli-Thema rund um den maximalen Lichtschutzfaktor in Sonnencreme, Tiefseetauchkurse, Höhlen-Kuren und Camping im Friedwald gehofft, aber die Frage nach der persönlichen Verwendung von Symbolen ist auch ganz anregend für die grauen Zellen.

„Mit Symbolen habe ich es nicht so“ schoss es mir durch den Kopf, als ich die Aufgabenbeschreibung auf spontis.de durchlas. Weder Kreuz noch Pentagramm, Thors Hammer oder keltische Ornamente schmücken meinen Körper. Daraus lässt sich aber nicht ableiten, dass mich Symbole nicht interessieren würden. Dann hätte ich auch meine Profession verfehlt, denn in der Soziologie stellen Symbole einen prominenten Untersuchungsgegenstand dar. Insbesondere der so genannte Bedeutungsüberschuss, der Symbole von Zeichen unterscheidet, übt eine eigene Faszination aus.

So reagiere ich zumeist sehr schnell und interessiert, wenn ich Menschen sehe, die Symbole an sich tragen. Ob die Trägerinnen und Träger sich der gängigen Bedeutung der zur Schau gestellten Symbole bewusst sind? Haben sie eine individuelle Be-Deutung für diese Menschen? Werden die Symbole als Erkennungs- und damit als Identifikationsmerkmal genutzt oder sollen sie andere Menschen provozieren? Insbesondere bei der Verwendung religiöser und politscher Symbole gilt in der Gothic-Szene seit Jahren „Nicht kleckern, klotzen!“ (Diese Redewendung wird blöderweise dem Wehrmachtsoffizier Heinz Guderian zugeschrieben).

Für mich funktionieren insbesondere Symbole gut, die für eine bestimmte Musikrichtung stehen oder Kreationen von Künstlern sind, die mich erfreuen und inspirieren. Früher haben wir das „Männchen“ von Einstürzende Neubauten auf Kleidungsstücke und Schulmöbel gemalt und wollten damit eine Anti-Haltung zum Ausdruck bringen. Wir konnten uns aber auch daran erkennen und ein Zugehörigkeitsgefühl wurde geschaffen. Ich habe darin nie eine Höhlenmalerei aus Mexiko gesehen (die es wohl ursprünglich war). So viel zum Bedeutungsüberschuss für dieses Symbol.

🙂

Es sind eben diese aus der Musik stammenden Symbole, die ich in meinem Alltag trage und die mich schon lange begleiten. Da ist die sogenannte Teufelsharfe der Band Phillip Boa and the Voodoo-Club. Dieses Symbol ist eine Kreation des Grafikers und Fotografen Dirk Rudolph. Wofür dieses Symbol neben der Musik der Band steht, findet sich auf dem „Member-Pin“:

Ein weiteres Symbol, das für mich mehr als nur ein Logo oder Zeichen ist, stammt vom Künstlerkollektiv LAIBACH.

Beide Symbole kommunizieren für den wissenden Betrachter, welche musikalischen Vorlieben ich habe, ohne dass der Name der Künstler explizit genannt werden muss. Für die Ahnungslosen wirken die Symbole leicht irritierend, bleiben aber unterhalb der Schmerzgrenze bürgerlicher Vorbehalte. Ich will ja nicht jeden Tag und jedem Zeitgenossen meine Weltsicht erklären müssen.

Täglich begleitet mich meine Tasche: Egal ob auf Festivals oder bei beruflichen Terminen, die Buttons zieren stets die Front. Hin und wieder traut sich mal ein Gesprächspartner und fragt, was es mit den „Knöpfen“ auf sich hat. Gerne erkläre ich daraufhin die Bedeutung der Symbole. Und dann darf sich der mutige Frager einen Button als Geschenk aussuchen. Das ist zumeist sehr lustig.

😎

Diese Gallerie kann also auch mal variieren. Die „Apfelfront“ und „I ♥ my attitude problem“ gehören aber zur ständigen Ausstellung (solange die Welt das braucht). Ebenso mein EBM-Schlüsselband.

Eigentlich sind wir doch wandelnde Litfasssäulen. Die Farbe Schwarz hat ebenso Symbolcharakter wie auch das passende Schuhwerk. Ob Pikes oder Boots, ein nonverbales Statement ist das eigene Erscheinungsbild allemal, wenn man nicht mit der bunten Mode geht.