Archiv für Politik

Sonntagsfrage

Posted in allgemein with tags , , , , , , , , , on 5. Juni 2011 by tobikult

PotzBlitz! Es gibt doch einen Unterschied zwischen Gothics und Bayern-Fans! Diese beiden sonst kaum auseinander zu haltenden Randgruppen, lassen sich anhand ihrer politischen Wahlvorlieben einwandfrei unterscheiden! Hier die Ergebnisse der Sonntagsfrage
(aus dem Jahre 2009).


Quelle: NEON, Oktober 2009. 

Dann haben die Anbiederungsversuche der Partei DIE LINKE auf dem WGT 2009 ja prima funktioniert. Aber wo war der Merch-Stand der FDP?


Foto: Patrick Wenz, Mai 2009.

Eine aktuelle Diskussion über Politik, Wahlverhalten und den Versuchen politischer Einflußnahme auf die Gothic-Szene findet ihr hier bei www.spontis.de.

Oh, wie schön ist Panama!

Posted in allgemein with tags , , , , on 28. Januar 2010 by tobikult

Die Generation, die mit Bilderbüchern von Janosch großgezogen wurden, ist an den Hochschulen angekommen. Zum Glück ist der Spuk des sogenannten Bildungsstreiks seit Weihnachten vorbei. Eine Übernahmegarantie ist eine prima Idee. Für das Politikgeschäft mussten wir dafür erst die EU gründen. Seitdem können wir auch drittklassige Machtmenschen in Ämtern unterbringen, die in den einzelnen Nationalstaaten schon besetzt sind.

Wir sind Badman

Posted in allgemein with tags , , , , , , , , , , , , , , , on 22. Januar 2010 by tobikult

Seit einem Jahr haben wir keinen Fernseher mehr. Wer jetzt glaubt, wir lebten hinter dem Mond, der irrt. Natürlich informieren wir uns über das Weltgeschehen und den einen oder anderen Sack Reis, der in China ungeheuerliche Dinge tut. Das Internet bietet hier eine Reihe von Angeboten, die auch den täglichen Nachrichtenkonsum in bewegten Bildern sicherstellen. Der Vorteil liegt für uns auf der Hand: Die Nachrichten laufen dann, wenn wir wollen. Seit einem Jahr haben wir keine Fernsehwerbung mehr konsumieren müssen. Es entstehen bereits echte Wissenslücken. In einigen Gesprächen kam man auf einen Mitarbeiter bei 1&1 zu sprechen, der sich uns bisher nicht vorgestellt hat, ansonsten aber bei allen Bundesbürgern bekannt zu sein scheint.

Gestern kam ich ob der Tagesdosis Nachrichten hinsichtlich meines Konsumverhaltens  ins Grübeln.  Mir wurden nur Geschichten angeboten, die ich bei genauerer Betrachtung gar nicht wissen will.

Ich kann damit nur schlecht umgehen, wenn mir erzählt wird, dass es in unserem Staat möglich ist, 210 Milliarden Euro in eine Bad Bank zu stecken und so zu tun, als wäre das verantwortliches wirtschaftliches Handeln. Das einzige Problem, das wohl bei der Hypo Real Estate durch dieses Vorgehen gelöst wird ist, dass ab dem nächsten Jahr die Bilanz wieder Gewinne aufweist und damit Bonuszahlungen gerechtfertigt werden. Normalerweise habe ich kein Gespür für Geldsummen jenseits der Millionengrenze. Doch in dieser Nachrichtensendung wurde mir eine Hilfestellung zuteil: 210 Milliarden Euro sind in etwa das, was der Bund in einem Jahr von seinen Bürgern kassiert. Das ist mir zu konkret. Ich hätte es gerne bei solchen wahnwitzigen Aktionen, wenn man sie schon nicht ohne großes Presse-Tamtam bewerkstelligen kann, bitteschön etwas abstrakter. Sonst wird noch der soziale Frieden wach und macht sich aus dem Staub. Vor allem, wenn man darüber informiert wird, dass die Geburtenrate weiter zurückgeht. Das heißt, mehr Schulden pro Schädel. Das sieht nicht gut aus für Badman und seine Bank! Ich befürchte, diese Bad Bank hat eine deutlich längere Laufzeit als alle unsere Atomkraftwerke. Erfolgreiche Konzepte sollten immer auch an die nächsten Generationen weitergegeben werden.

Ich finde diese offene Kommunikation der Meinungsverbreiter unverantwortlich und spreche mich für eine umfassende Selbstzensur aus. Bitte keine Geschichten mehr von den Herren Schreiber, Schäuble, Strauß und Stoiber oder anderen alliterarischen Männergruppen. Schluß mit Politpossen um Rösler und die Pharmafirmen, Westerwelle und Mövenpick oder Wulff und die Business-Class.

Man könnte die in Verruf geratenen Karlsbader Beschlüsse überarbeiten. Neben der Zensur der Presse fanden sich dort die Exekutionsordnung und das Universitätsgesetz mit dem Verbot der Burschenschaften,  der Schließung der Turnplätze und die Entlassung liberal und national gesinnter Professoren, die ihre Einstellung ihren Schülern vermittelten. Klingt streckenweise ganz brauchbar.

„Zensur spiegelt das mangelnde Vertrauen einer Gesellschaft in sich selbst wider“ sagte vor einer halben Ewigkeit Potter Stewart. Ich traue uns schon lange nicht mehr über den Weg. Als die Ackermann-Bande skandierte „Vertrauen ist der Anfang von von allem“ hätte wir rufen müssen: „Misstrauen* ist der Anfang von Eurem Ende„. Jetzt ist es wohl zu spät.

*Misstrauen ist die Vermutung, dass ein beliebiges System (z. B. eine andere Person, eine Organisation, ein Gegenstand, eine Information) nicht die Funktion erfüllt, die zu erfüllen suggeriert wird oder wünschenswert wäre. Misstrauen wird umgangssprachlich meist als das Gegenteil von Vertrauen angesehen. Es hat jedoch mit Vertrauen viele gemeinsame Eigenschaften und wurde von Niklas Luhmann als „funktionales Äquivalent“ bezeichnet, da es – wie auch Vertrauen – ebenfalls Komplexität reduziert. (Quelle: Wikipedia)

Selbsterkenntnis bei Politikern

Posted in allgemein with tags , , , , on 3. November 2009 by tobikult

Der zukünftige EU-Kommissar Günther O. aus S. zeigte sich gestern auf einer House-Warming-Party stilsicher in der Auswahl der richtigen Gastgeschenke. Schon lange war dem Vollblutpolitiker ohne Fahrerlaubnis klar, dass es nicht reichen würde, seinem Nachfolger Mappus seine Krawatten zu vererben. Die Einführung einer verpflichtenden Bildhängung des EU-Kommissars in jeder Amtsstube scheint nur noch eine Frage der Zeit. Als gute Europäer sollte diese Geste uns längst ein Anliegen sein.

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Der geneigte Betrachter hat ohne Mühe im Bildhintergrund den Bundestagsabgeordneten Herrn Dr. L. erkannt und ist erleichtert, dass wir den nicht aufhängen müssen.

Der Italienische (Aus-)Weg

Posted in allgemein with tags , , , , , , on 15. Oktober 2009 by tobikult

italienDas Engagement des italiensischen Militärs in Afghanistan ist bisher wenig medial in Erscheinung getreten. Die heute übermittelte Pressenotiz von AP gibt eine mögliche Erklärung, warum es bisher um die von Italienern zu kontrollierenden Sektoren so ruhig war:

Die Taliban-Kämpfer wurden von den Italienern geschmiert!

Darauf sind die anderen NATO-Bündnispartner bisher nicht gekommen und schauen sowohl neidisch als auch dumm aus der Wäsche. Peinlich wirkt auch die Empörung der Franzosen, die vergessen hatten das Schutzgeld fristgerecht an die Taliban abzugeben. Das Argument, schlecht informiert gewesen zu sein, hat bei der Mafia noch nie gezogen.

Was haben wir denn von den Italienern erwartet? Der NATO-Slogan für Afghanistan lautet doch: Unsere Sicherheit wird am Hindukusch verteidigt! Sicherheit scheint ein kulturell unterschiedlich gedeuteter Begriff zu sein: Die Deutschen schicken reflexartig Polizeiausbilder nach Kabul, die Italiener gründen zuerst eine Mafia. Was machen eigentlich die Franzosen? Und haben die Amerikaner schon christliche Missionare entsandt sowie Bibeln und Waffen verteilt?

Den Italienern kann man jedenfalls wieder einmal einen verblüffenden Pragmatismus unterstellen. Das Gespür, wer in welcher Region gerade am Drücker ist, ist überdeutlich ausgeprägt (weiteres Beispiel gefällig?). Hinzu kommt die seit Generationen diesem Volk eigene Konditionierung, die den Schutz vor unangekündigter Gewalt mit einer pünktlichen Zahlung zum 15. jeden Monats koppelt. Dies gilt für Pizzabäcker, Bauunternehmer, Richter oder Militärs in geradezu sozialistischer Einheitlichkeit.

In das neue Handbuch der internationalen Kriegsführung ist also ergänzend aufzunehmen: Wo die Italiener vorher waren, Bündel an Bargeld mitnehmen und warten, bis das Mafiasystem seinen Schutz anbietet. Dann muss auch keiner sterben!

Schade, dass die Italiener nicht mehr Zeit bekommen haben, ihre kulturellen Eigenheiten in diesem afghanischen Sektor zu etablieren. Vielleicht hätten sie es auch geschafft, dass alle Taliban zweimal die Woche zum Frisör gehen und täglich mit Mama telefonieren, Frauen hinterherpfeifen und einen Schuhtick entwickeln. Der Krieg wäre dann wahrscheinlich längst zu Ende.

Rom (AP) Der italienische Geheimdienst soll nach einem Zeitungsbericht die Taliban bestochen haben, um im Verantwortungsbereich der italienischen Truppen in Afghanistan für Ruhe zu sorgen. Die «Times» berichtete, Kommandeure der Miliz im Bezirk Surobi östlich von Kabul hätten mehrere zehntausend Dollar erhalten. Die französischen Truppen, die das Gebiet Mitte 2008 übernahmen, hätten die Gefahrenlage daher falsch eingeschätzt. In einem Hinterhalt kamen kurz darauf zehn Soldaten ums Leben. Der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi wies den Bericht am Donnerstag zurück.

Pragmatischer Wahlkampf

Posted in allgemein with tags , , on 17. September 2009 by tobikult

image1720064927.jpgCDU und SPD sparen sich vielerorts Luftballons und Bonbons, indem sie ihren Strassenwahlkampf gemeinsam führen. Das ist vor allem für die SPD praktisch, fehlt doch zusehens das zu allem willige Parteifußvolk. Schirme sind hingegen in Hülle und Fülle vorhanden und können von koalitionsfähigen Parteien ausgeliehen werden.

Wahlkampf auf Wacken

Posted in allgemein, Kultur with tags , , on 4. September 2009 by tobikult

Das Volksfest der Kopfschüttler, Stromgitarristen und Pommesgabelgrüßler konnte dieses Jahr sein 20. Jubiläum feiern. Neben dem reichhaltigen kulturellen Darbietungen auf und vor den Bühnen sowie den feinsten kulinarischen Angeboten aus den Kochtöpfen dieser Welt, wurde diesjährig das Rahmenprogramm nochmals erweitert.

Im Jahr der Bundestagswahl konnte sich das, auf den Feldern von Wacken internierte intellektuelle Mileu der Sonderklasse dem politischen Diskurs hingeben. Hochrangige Parteifunktionäre und engagierte Wähler trafen sich zum Gedankenaustausch und die politischen Vertreter holten sich den Zuspruch ihrer Unterstützer, als entscheidende Motivation für die heiße Phase ihres Wahlkampfs.

In den Zeltstädten wurden neben Dixis, Wassertanks und Sanizelten angeblich auch umfänglich ausgestatte Parteizentralen aufgebaut. In den Tagen des W:O:A sollen die Berliner Niederlassungen nur im verwaisten Zustand zu besichtigen gewesen sein. Die gesamte Bundespolitik konzentrierte sich anscheinend in dieser Zeit auf den Metallischen Nabel der Welt im hohen Norden.

Hier der erste Teil einer Dokumentation dieses Wahlkampfereignisses, zunächst aus der Sicht einer der beteiligten Parteien:

Ich warte noch auf die Filmbeiträge aus den anderen politischen Lagern. Ganz besonders freue ich mich auf den Nachmittag, an dem die CDU sich mit iher Fahne über das Zeltgelände getraut haben soll. Außerordentlich sehenswert soll auch der 3-Sekunden-Clip mit dem NPD-Flaggenträger sein (die Jugendfreigabe könnte im ungeschnittenen Zustand jedoch gefährdet sein). Sobald das Bildmaterial veröffentlicht ist, stell ich es hier ein, versprochen.

Mein Beitrag zum Wahljahr

Posted in allgemein with tags , on 1. September 2009 by tobikult

Mein Beitrag zum Wahljahr besteht darin, dass ich

  • kein Fernsehen mehr glotze
  • eine neue Kategorie „Mobiles Kulturgut“ in den Blog aufgenommen habe, um mich auf meine Weise für die Abwrack-Prämie zu bedanken
  • mich zu tagespolitischen Themenvorgaben nur unter Alkoholeinfluss äußern werde
  • ich dieses Mal wählen gehe und was Neues ausprobiere

Und dann wurde ich noch auf folgende, orginelle Plakatkombination aufmerksam, die offensichtlich bereits im Saarland wie geschnitten Brot lief und nun bundesweit den intelligenten Teil der wahlberechtigten Bevölkerung in die zur Urne treibt:

linke-werbung

Zeitzeugen gesucht!

Posted in allgemein with tags on 25. Juni 2009 by tobikult

Der Bundestag hat gestern die höchste Neuverschuldung seit Bestehen der BRD beschlossen (Ich befürchte, das macht der noch häufiger). Da ploppte bei mir im Köpfchen die Frage auf, ob ich mal die Gelegenheit bekommen könnte, mit jemanden zu sprechen, der das Geld ausgegeben hat. Liebe Banker, ihr seid nicht gemeint, auch wenn ihr es echt drauf habt in dieser Sache. Ich meine dieses kollektive Geldausgeben über ein paar Jahre, das zu einer Sockelverschuldung führte, auf deren Grundlage sowieso nichts mehr zu sanieren ist. Ich bin einfach nur neugierig, wie es sich wohl angefühlt hat, in einer Zeit, als alle dachten, es gehe immer weiter bergauf, Schuldenmachen sei nur „Investitionen tätigen“ und dergleichen.

Ich bin in den frühen 70ern zur Welt und direkt aus dem Krankenhaus nach Deutschland gekommen. Meine Kindheit war geprägt von kaputten oder gerade abgebauten Spiel- und Sportplätzen und von einem überfüllten Kindergarten. In der Grundschule waren die Toiletten so durch und ekelhaft, dass es bis zur vierten Klasse als Mutprobe gehandelt wurde, in den Keller mit den strinkenden Löchern hinabzusteigen.

Die weiterführende Schule war von ausgewiesener Schönheit. Kopierte DDR-Architektur in waschbetonbeige. Insbesondere die in jedem Klassenraum aufgestellten Eimer zum Sammeln des Regenwassers hob die Bedeutung und Fürsorge für meine Generation deutlich hervor. Für uns wurde die Schulmittelfreiheit abgschafft, für 30 Mark pro Schuljahr mußten die Eltern selber unsere Schulbücher einkaufen. Die restlichen, von der Schule gestellten Bücher würden in literarischen Kreisen als Fragmente bezeichnet. Auf der ersten Seite war ein Stempel platziert, der drei Felder definierte, in denen die ausleihenden Schüler ihre Namen schreiben sollten. Ich habe während meiner gesamten Schulzeit kein Buch erhalten, in das ich meinen Namen in ein solches Feld hätte schreiben können, alle Felder waren schon voll und zumeist hatte ein anderer armer Teufel früherer Jahrgänge sich schon schüchtern unter dem Stempeldruck verewigt.

Ließ man nach der Schule den Blick durch den öffentlichen Raum schweifen, komplettierte sich der Eindruck, dass der Verfall zum Programm gehört: Der in den Stadwald integrierte Trimm-Dich-Pfad vermodert wie Turnvater Jahn selbst, die Parkbänke bedenkenlos mit Skateboards zu bespielen – Sitzen ohne Verletzungsgefahr ausgeschlossen, die Straßen löchrig und die Blumenbeete und Springbrunnen zu Wiesen rückgebaut.

Die überfüllten Hörsäle an der Uni und das üppige Jobangebot danach passten da gut zum Gesamteindruck. Von den Besonderheiten eines Arzt- oder gar Zahnarztbesuchs und der Aussicht einer der Einzahlungen entsprechenden Leistung der Altersversorgung fange ich hier jetzt besser nicht an.

Ich habe jedenfalls ganz persönlich das Gefühl, dass ich noch gar nicht die Gelegenheit bekommen habe, kollektiv über meine Verhältnisse zu leben. Ich vermisse diese Möglichkeit auch nicht, würde aber gerne erfahren, wie das war, ob es Spaß gemacht hat und ob man die letzten zehn Jahre wie einen kräftigen Kater nach der großen Party erträgt oder ob es der gelebte Postmaterialismus ist, der hier propagiert wird.

Wer der Meinung ist, er habe die fetten Jahre mitgemacht und zu einem Interview bereit ist, möge sich bitte per Kommentar bei mir melden. Danke.

Rudi Dutschkes Enkel

Posted in allgemein with tags , , on 27. Mai 2009 by tobikult

Gestern hätte der geneigte Betrachter glauben können, der seit langem auf Außentermin vermutete Geist der 68er wäre nach Heidelberg zurückgekehrt.  Die kleine Pädagogische Hochschule wurde zum Schauplatz einer Studentenbewegung der besonderen Art.

Folgende Dinge waren an diesem denkwürdigen Tag anders als sonst:
Die Studierenden hatten den Haupteingang verbarrikadiert und präsentierten ein Transparent mit der Aufschrift „PH heute geschlossen. Programm im Innenhof“. Die in dieser Aussage schwingende Ambivalenz zog sich durch das gesamte Konzept der Aktion.  Ich habe doch noch ein Schlupfloch in das Gebäude gefunden und bin durch die annähernd leeren Flure Richtung Innenhof gegangen. Hier standen geschätzte 1000 Menschen und hatten bereits mit Zeltlingen, Kuchenständen, bunt bemalten Transparenten und einer musikalischen Untermalung durch orffsche Instrumente eine festivalähnliche Stimmung generiert. Das Pfingstwochenende warf seine Schatten bis in den Innenhof der PH voraus, ich war begeistert. Ich bahnte mir meinen Weg durch die Massen Richtung der eigentlichen Eingangssituation dieses Pädagogischen Tages der eigenen Art.

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Der Blick zurück bot mir ein Eingangsszenario, dass mich erneut stutzen ließ: Das Haupttransparent skandierte: „Wir forderen Mitbeteiligung und Errichtung eines Haushaltsausschusses“. Prima, wer unter diesem Spruch hindurch in den Innenhof ging, wußte wofür er sich engagierte, war nicht zufällig hier und wurde nicht für andere Zwecke missbraucht (z.B. zur Forderung, politische Gefangene in Südamerika freizulassen o.ä.). Aber warum diese sprachlichen Anleihen aus dem Repertoire des Arbeitskampfs, warum Mitbeteiligung und nicht Beteiligung oder Mitbestimmung? Warum Streik und nicht Protest?image816954634.jpg

Auch wir haben als Studenten in den 90ern zum Streik aufgerufen und sind auf Demos gegangen. Damals haben wir uns schon den Vorwurf gefallen lassen müssen, dass wir gar nicht streiken können, da wir nicht zum Arbeiten in die Uni gingen sondern im Idealfall zum Lernen (zumeist verabschiedeten wir uns jedoch mit dem Satz: „Ich geh dann mal nach Hause – Lernen“). Diese begriffliche Unschärfe zwischen Streik, Protest und Bewegung birgt für die aktuelle Studierendengeneration jedoch eine zusätzliche Brisanz. Seit der Einführung der Studiengebühren gehen die Studierenden nicht nur nicht Arbeiten, sie bekommen auch nicht nur kein Geld dafür sondern bringen auch noch regelmäßig höhere Summen mit. Das Kapitalistenherz kann das vor Verzückung nur höher schlagen lassen, weiß es doch, dass früher oder später ein Teil der Absolventen doch Arbeiten gehen wird. Da kann es nicht schaden, schon mal in der Ausbildungsphase neue Richtungen der Geldflüsse einzuüben. Selten war ein solcher Streik so willkommen, ist es doch irgendwie gelungen, dass die Studierenden sich nicht als Kunden, Financiers oder ähnliches begreifen.

Wie ich so meinen Gedanken im Eingangsbereich zur neuen Streikkultur nachging, wurde ich von einem der Aktivisten angesprochen, der mit seinen langen Rasterlocken all meine Sympathien weckte und machte mich bereit für ein gemeinsames „Es lebe die Revolution!“.  Er sagte mir: „Du, kannst Du bitte den Eingangsbereich freimachen, das ist ein Rettungsweg und wir wollen keinen Ärger mit der Feuerwehr.“ Verdutzt gehorchte ich umgehend, begab mich wieder Richtung Innenhof. Nach ein paar Schritten wurden mir Streik-Aufkleber und Streik-T-Shirts zum Kauf angeboten, ein ordentlich gestaltetes Tagesprogramm ausgehändigt und ich beschloss, dass es Zeit wurde, mich zurückzuziehen.

Heute morgen kam ich erneut an der Hochschule vorbei. Die einzigen Transparente, die dem nächtlichen Regen getrotzt hatten skandierten vom Grundstückszaun aus: „Reiche Eltern für ALLE!“. Da hat der Geist von 68 wohl schon wieder anderswo Außentermine…

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