„Klingt wie das langweiligste Infoschreiben, das sie je gelesen haben? Gut, denn dafür sind die Boa-Alben jüngerer Zeitrechnung mittlerweile bekannt.“
Ginge es nach dem Gusto des Musikjournalisten Jan Wiggers, von dem die obigen Zeilen stammen, würden Musiker jede Woche auf eine neue Weise den Affen machen. So merkt der Schreiber der aktuellen Spiegel-Online Ausgabe von Abgehört: Die wichtigsten CDs der Woche zum neuen Phillip Boa Album „Loyalty“ kritisch an, dass sowohl Boa als auch Pia Lund seit Jahren Beständigkeit auf der Bühne und ihrem musikalischen Stil demonstrieren. Na und? Für mich ist es gerade das, was mich auf die Konzerte dieser Künstler zieht und mich ihre Platten hören läßt.
„Bin eine düstere Seele, lausche den Klängen von Umbra et Imago, Dead Can Dance und Seelenkrank, suche depressives Girl im Raum Magdeburg, Fußfetisch erwünscht.“
Da hilft es auch nichts, dass sich Herr Wiggers im gleichen Artikel als Verehrer von Dead Can Dance präsentiert, der Zillo Kontaktanzeigen aufmerksam liest und die einschlägigen wohl auch sammelt.
😯
Fazit: Am 10. August werden zwei neue Platten gekauft. Da lasse ich mich von keinem Kritiker irritieren. Und zuerst höre ich die von Phillip Boa & the Voodooclub!
Phillip Boa and the Voodooclub ⎮ Substage ⎮ 15.04.2011
Gestern war es endlich wieder so weit. Die Band, von der ich einfach nicht genug bekomme, spielte im nahen Karlsruhe. Pünktlich zu diesem feierlichen Ereignis kam Altbenz Herr Schubert nach geglückter Hüftgelenkstransplantation aus der Werkstatt und die willkommene Testfahrt über die A5 verlief ausgesprochen kommod.
Das ersetzte Differenzialgetriebe von Herrn Schubert.
Auf dem Gelände des alten Schlachthofs in Karlsruhe hat das neue Substage einen Funktionalbau aus Beton und Stahl erhalten und ich war sehr gespannt auf diesen Austragungsort für Kunst und Kultur. Leider durfte ich meine Kamera nicht mit in den Konzertsaal nehmen und so bleiben mal wieder nur ein paar Handybilder und Videos als visuelle Anreicherung dieses Artikels.
Ich verstehe diese ablehnende Veranstalter/-Künstlerhaltung zu guten Kameras nicht richtig. Lieber nehmen sie Hunderte schlechte Bilder und Videos in Kauf, die mit hochgereckten Armen geschossen werden und dabei nur bedingt schön anzusehen sind, als ein paar Fotoenthusiasten einzulassen, die mit der Linse vor ihrem Auge ein paar gute Bilder zustande bringen, dafür aber die Arme ansonsten unten lassen.
Das gestrige Konzert war in mehrerlei Hinsicht etwas ganz Besonders. Zum einen gab es eine Vorband, die das Publikum zu ordentlichem Applaus animierte und die Hoffnung auf einen kompetenten Musikernachwuchs macht. Ich habe mir sogar den Tonträger von Carla Dalla Torre gekauft – Premiere für mich, was eine Vorband angeht!
Zum anderen hatten wir für dieses Konzert vereinbart, dass nur die Lieder der beiden Alben Helios (1991) und Boaphenia (1993) gespielt werden. Eine Playlist mit „Pfirsicheisen“, „Galerie der Fälschungen“ und „Mary Rose“ ließ die Zusammenkunft in weiten Teilen zu einem ehrfürchtig-besinnlichen Liederabend werden. Annerkennender Beifall statt Moshpit, nicht zuletzt wegen einer ansehnlichen Lichtshow und eines überragend abgemischten Sounds. Es zeigte sich so eine Stärke der alten Combo: Popbefreite Melodien, die Emotionen auslösen, aber sich nie anbiedern. Die konsequente Songauswahl wirkte sowohl auf das erfahrene Publikum als auch auf die Künstler wie eine Zeitreise in die schönen Ecken der frühen 90er.
Im Zuge der reichlich gewährten Zugaben wurde druckvoll aufgetischt, und die zweite Stärke der guten alten Voodooclub-Ära wurde uns um die Ohren gehauen, die sich in folgender Formel zusammenfassen läßt: Die Anzahl der Trommler ist größer/gleich der Anzahl der Gesangsstimmen.
Leider hatten weder mein Weibchen noch sonst jemand aus meinem Freundeskreis Zeit und Lust, mit mir auf dieses Konzert zu gehen. Ich habe diesen Umstand durch ein ungezügeltes Merch-Shopping vergeblich versucht zu kompensieren (und bin doch stolz, dass ich, zum ersten Mal in meinem Leben, kein aktuelles Tour-Shirt gekauft habe).
✚ Parasita, dafür darfst Du mich ruhig loben! 😛
✚ Lorelei, Du hast gefehlt und etwas verpasst! Get well soon. 😦
Soeben wurde bekannt, dass Phillip Boa & the Voodooclub, von seinen alternden Fans liebevoll „Arschloch“ gerufen, diesen Herbst ein Konzert in der Weltstadt Weinheim abhalten wird.
Beworben wird dieser melodisch untermalte Pogo–Stehblues als „Best-Of-Show“, was erahnen läßt, dass es wohl wieder länger gehen wird, sind doch im Laufe der Jahre eine Fülle der besten verhinderten Popsongs aller Zeiten durch Phillips und Pias Hilfe auf die Welt gekommen.
Das Schlimmste erwarten wir allerdings bei der Androhung „+ Special Guest“…
Und das mir hinterher keiner wegen der blauen Flecken heult...