Archiv für Medien

Hauptsache hysterisch

Posted in allgemein with tags , , , , , , , on 10. Januar 2010 by tobikult

Seit Tagen überbieten sich die Massenmedien in der Dramatisierung der einzigen Topmeldung des noch jungen Jahres: Das Wetter!
Die Unwetterschlampe „Daisy“ soll demnach über Deutschland „fegen“ und für „sibirische Verhältnisse“ sorgen. Der „Fakten, Fakten,und immer an den Leser denken“-Focus will gar Hamsterkäufe beobachtet haben (was das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe so auch empfiehlt) und Fernsehmoderatoren raten der Bevölkerung, Kerzen und Decken bereitzuhalten. Wie so oft im Leben hilft ein Blick aus dem Fenster. Jepp, es hat geschneit. Ok, Tag 4 um den Gefrierpunkt; aber solch ein Wetter ungestraft „sibirische Verhälntisse“ zu nennen, können sich ein paar Verbalagressoren nur erlauben, weil die Generation der Bundesbürger, die sich vor ein paar Jahren vor Ort ein Bild über den sibirischen Winter gemacht hat, nicht mehr unter uns weilt. Die deutsche Sprache hat für dieses unerhörte Wetterphänomen einen Begriff, den ich hier erneut zur Verwendung vorschlagen möchte: WINTER.

Nachdem wir also nicht mehr wissen wie Winter aussieht, keiner mehr eine Ahnung hat wie man das selbständig überlebt, ist meine Hoffnung auf den nächsten wichtigen zivilisatorischen Entwicklungsschritt nach Erfindung des Rades dahin. Ich hatte so gehofft, die Menschen würden im nächsten Winter endlich raffen, dass man Salz nicht prophylaktisch streuen kann und dass man auf einer geschlossenen Schneedecke besser vorankommt als auf selbstverschuldetem Schneematsch, der am nächsten Tag bereits wieder gefroren ist.

Schock: auch in Heidelberg ist Winter! (Quelle: http://www.spiegel.de)

Der Italienische (Aus-)Weg

Posted in allgemein with tags , , , , , , on 15. Oktober 2009 by tobikult

italienDas Engagement des italiensischen Militärs in Afghanistan ist bisher wenig medial in Erscheinung getreten. Die heute übermittelte Pressenotiz von AP gibt eine mögliche Erklärung, warum es bisher um die von Italienern zu kontrollierenden Sektoren so ruhig war:

Die Taliban-Kämpfer wurden von den Italienern geschmiert!

Darauf sind die anderen NATO-Bündnispartner bisher nicht gekommen und schauen sowohl neidisch als auch dumm aus der Wäsche. Peinlich wirkt auch die Empörung der Franzosen, die vergessen hatten das Schutzgeld fristgerecht an die Taliban abzugeben. Das Argument, schlecht informiert gewesen zu sein, hat bei der Mafia noch nie gezogen.

Was haben wir denn von den Italienern erwartet? Der NATO-Slogan für Afghanistan lautet doch: Unsere Sicherheit wird am Hindukusch verteidigt! Sicherheit scheint ein kulturell unterschiedlich gedeuteter Begriff zu sein: Die Deutschen schicken reflexartig Polizeiausbilder nach Kabul, die Italiener gründen zuerst eine Mafia. Was machen eigentlich die Franzosen? Und haben die Amerikaner schon christliche Missionare entsandt sowie Bibeln und Waffen verteilt?

Den Italienern kann man jedenfalls wieder einmal einen verblüffenden Pragmatismus unterstellen. Das Gespür, wer in welcher Region gerade am Drücker ist, ist überdeutlich ausgeprägt (weiteres Beispiel gefällig?). Hinzu kommt die seit Generationen diesem Volk eigene Konditionierung, die den Schutz vor unangekündigter Gewalt mit einer pünktlichen Zahlung zum 15. jeden Monats koppelt. Dies gilt für Pizzabäcker, Bauunternehmer, Richter oder Militärs in geradezu sozialistischer Einheitlichkeit.

In das neue Handbuch der internationalen Kriegsführung ist also ergänzend aufzunehmen: Wo die Italiener vorher waren, Bündel an Bargeld mitnehmen und warten, bis das Mafiasystem seinen Schutz anbietet. Dann muss auch keiner sterben!

Schade, dass die Italiener nicht mehr Zeit bekommen haben, ihre kulturellen Eigenheiten in diesem afghanischen Sektor zu etablieren. Vielleicht hätten sie es auch geschafft, dass alle Taliban zweimal die Woche zum Frisör gehen und täglich mit Mama telefonieren, Frauen hinterherpfeifen und einen Schuhtick entwickeln. Der Krieg wäre dann wahrscheinlich längst zu Ende.

Rom (AP) Der italienische Geheimdienst soll nach einem Zeitungsbericht die Taliban bestochen haben, um im Verantwortungsbereich der italienischen Truppen in Afghanistan für Ruhe zu sorgen. Die «Times» berichtete, Kommandeure der Miliz im Bezirk Surobi östlich von Kabul hätten mehrere zehntausend Dollar erhalten. Die französischen Truppen, die das Gebiet Mitte 2008 übernahmen, hätten die Gefahrenlage daher falsch eingeschätzt. In einem Hinterhalt kamen kurz darauf zehn Soldaten ums Leben. Der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi wies den Bericht am Donnerstag zurück.

Man bleibt lieber unter sich

Posted in Kultur with tags , on 4. Oktober 2009 by tobikult

…nur dass die sieben Leser der Druckausgabe der TAZ bereits alle aus Mitleid ein Doppelabo abgeschlossen haben. Lachend hat man die schon lange nicht mehr gesehen.

Niveau sieht nur von unten aus wie Arroganz.

Erwischt!

Posted in allgemein with tags , , on 7. September 2009 by tobikult

Das letzte Zeit-Magazin habe ich mal wieder gründlicher gelesen als ich es vorhatte. Und wenn man schon mal fast durch ist mit dem Druckwerk, dann bringt man es auch zu Ende, egal ob Dostojewski oder Werbefaltblatt. Ich habe also auch die beiden Seiten der Rubrik „Kennenlernen“ gelesen. Zugegeben „er sucht sie“ habe ich überflogen, aber bei der Lektüre von „sie sucht ihn“ traf mich der Schlag.

Meine Mitbewohnerin hatte eine Kennenlern-Anzeige aufgegeben! Es konnte kein Zweifel bestehen, traf doch jedes der Worte, die ich lesen musste, exakt auf sie zu:

„Humor, Charakter und Leichtigkeit im Tausch gegen finanziellen Ausgleich. Akad., 33, nett u. ansehnlich. ZA XXX XXX XXX“

Empört habe ich sie zur Rede gestellt, sie hat nicht einmal versucht es zu leugnen! Frauen! Auch ohne unseren Paartherapeuten zu Rate gezogen zu haben, meine ich, es wird Zeit, dass wir uns darüber unterhalten, warum sie solche Anzeigen aufgibt….und ich sie lese.

ELITE REPORT extra

Posted in allgemein with tags , , on 25. Mai 2009 by tobikult

Seit über einer Woche fliegt bei uns im trauten Heim eine Zeitschrift rum, die eine der letzten ZEIT-Ausgaben mitgebracht hat. Der ELITE REPORT extra. In dieser außergewöhnlichen Publikation stellen besondere Banken, Vermögensberater und andere Menschen, die von sich behaupten, sie können mit Geld hervorragend umgehen, sich und ihre Kunsstücke vor. Im Vorwort bejammert die Szene ihre Verluste in letzter Zeit und gibt die Zielsetzung für die kommende Runde so vor:

„Die Gefahren für das verbleibene Vermögen sind alleine schon durch die harten ökonomischen Rahmenbedingungen exorbitant. Darum ist es umso wichtiger, dass Vermögensverwalter einen guten Job machen, um das Vermögen nicht unnötig weiteren Risiken auszusetzen, möglichst vor den Auswirkungen der Krise zu schützen und mit dem Kunden gemeinsam erfolgreich die Gefahren von außen abzuwehren. (…) Der Elite Report 2009 soll den Vermögenden den nötigen Durchblick verschaffen, und die Informationen liefern, welche Adressen für die Verwaltung des meist hart Erarbeiteten empfehlenswert sind.“

Da ich mit IKEA und Ü-Eiern aufgewachen bin, zähle ich mich zum Do-It-Yourself Lager. Für die meisten Anforderungen des täglichen Lebens begnüge ich mich mit einer rumänischen oder niederländischen Gebrauchsanleitung . Ich halte es mit meinem Vermögen auch so, dass ich es selbst verwalte (ein Teil meiner Altersvorsorge steht leider unter Zwangskontrolle wechselnder Finanzminister). Mein Interesse in Sachen eigener Vermögensverwaltung ist aber ähnlich dem der im ELITE REPORT wohlfeil gebotenen Dienstleister: Gefahren abwenden, die Kohle zusammenhalten und den Durchblick bewahren.

Das Magazin rät, eine geeignete Bank zur Sicherung des auch in meinem Fall „meist hart Erarbeiteten“ zu finden. Das leuchtet im Zuge der jüngsten Geschichte ein. Bisher bin ich bei einer Sparkasse, ärgere mich ständig über die Gebühren und habe noch nie eine Anregung erhalten, wie ich mich vor dieser oder den nächsten Krisen schützen könnte, geschweige denn gegen meine persönlichen Kauflaunen und sonstigen ruinösen Risiken.

So habe ich die Seiten des Reports nach einer neuen Bank durchforstet. Besonders gelungen finde ich die Anzeige der liechtensteinischen VP Bank Gruppe. Hier wirbt man mit dem Satz „Der aussergewöhnliche Ansatz war für uns schon immer ein Mittel, um Ihre Erwartungen besser gerecht zu werden. Dies gilt heute mehr denn je.“ Das klingt für mich (und für Herrn Steinbrück sicher auch) überzeugend. Ich glaube außerdem dem derzeit viel beschworenen Paradigma, dass Unternehmen, wenn sie überleben, gestärkt aus Krisen hervorgehen (Ausnahmen bestätigen die Regel: Lidl, Telekom, Bahn…) und das liechtensteinische Bankenwesen hatte ja kürzlich ein ganz eigenes, exklusives Waterloo. Jetzt sind die also stärker denn je.

Ich rufe gleich heute noch in Vaduz an.

Der „aussergewöhnliche Ansatz“ sollte Schule machen, nicht nur beim Umgang mit Geld.
Von den Schweizern Liechtensteinern können wir sicher noch viel lernen.

Chaostage – der Film

Posted in Kultur with tags , , , , , , , on 9. Mai 2009 by tobikult

Trash-Kino in seiner schönsten Art wurde uns im Odeon in Mannheim geboten. Im außerkauften Haus stellte uns Tarek Ehlail und Team sein Werk vor. Man hätte annehmen können, dass alle Punk-Darsteller bei dieser Vorführung anwesend waren, jedenfalls war die feiernde Menge geschmückt mit bunten Haartrachten und die Anzahl von Killernieten selten so hoch in einem Kinosaal wie gestern abend.

Der Streifen ist kurzweilig, die Mischung aus belangloser Rahmenhandlung und Interviewsequenzen ausgewogen und die Musik laut genug. Unglaublich, wer da alles auf der Leinwand auftauchte: Punkgrößen (gibt es sowas überhaupt?), Sahnehäubchen deutscher Schauspielerzunft, Helge Schneider und sogar eine meiner Arbeitskolleginnen. Persönlicher kann und will ich mir einen Kinoabend gar nicht vorstellen.