Archiv für Anne Clark

Tödlicher Stromschlag

Posted in allgemein, Dunkle schöne Welt, Musikalische Früherziehung with tags , , , , on 12. März 2016 by tobikult

Oder: Wie Herr B Anne Clark in den Suizid begleitet

Gestern fand ein Konzert von Anne Clark im Tollhaus in Karlsruhe statt. Es wurde als eines ihrer Abschiedstour beworben, hat die Künstlerin doch beschlossen, aus gesundheitlichen Gründen zukünftig nicht mehr auf Konzertreise zu gehen. Überwiegend Menschen, die kurz vor der Frührente stehen, sammelten sich gegen 20:30 Uhr im Konzertsaal, um eine ihrer musischen Ikonen zu verabschieden. Was wir erlebten, war eine über 100 Minuten währende grausame Hinrichtung – und die ging so:

Anne Clark hatte sich als ihren Henker Herrn B, alias Michael Bestmann aus Nürnberg, gewählt. Dieser angeblich begabte Produzent versaute gnadenlos jedes Kunstwerk aus Anne Clarks Galerie mit billigen Beats und kleisterte stoisch alle magischen Momente der uns doch so liebgewonnen Melodien mit Lärm zu. Übrig blieb nur noch Techno-Quark aus der musikalischen Ramschecke von Aldi-Süd.

Auf der ständigen Suche nach den vertrauten Soundschnipseln und sich mühsam an den Klang der oft verloren wirkenden Stimme von Anne Clark klammernd, wurden wir mit billigen Bildprojektionen und LED-Blitzen maltretiert, bis auch noch die Augen bluteten. Die Künstlerin selbst schien regelmäßig vor diesen Lichtquellen flüchten zu wollen, hielt aber tapfer an ihrem Platz am Mikrofon durch.

Es bleibt das Rätsel des Abends, warum Anne Clark ihren musikalischen Freitod so erbarmungslos inszenierte. Ist sie ihrer eigenen Melodien und Worte derart überdrüssig? Wollte sie noch einmal modern klingen? Oder hasst sie ihr, zugegeben etwas in die Jahre gekommenes, Publikum? Wir wissen es nicht, und fühlen uns alt und verloren – und um einen Soundtrack fürs Leben ärmer.

R.I.P. Anne Clark.

 

 

Gothic Friday: Die Musik und Du

Posted in allgemein with tags , , , , , , , , , , , , , on 12. Februar 2011 by tobikult

Die Blogparade unter der Leitung von Spontis.de geht in die 2. Runde und es gibt was auf die Ohren.
Dieses Mal gilt es, einen Fragenkatalog rund um die schönste Nebensache der Welt zu beantworten: MUSIK!

Was bedeu­tet Musik für Dich? Wie wich­tig ist sie Dir?

Gute Musik ist mir wichtiger als gutes Essen. Und wer weiss, wie gerne ich gut esse, der ahnt, welchen Stellenwert Musik in meinem Leben einnimmt.

Wel­che Rich­tun­gen »schwar­zer Musik« hörst du? Nenne ein Bei­spiel, das für Dich deine Bedeu­tung des Genre am bes­ten wie­der­gibt.

Ich bin altersmilde geworden und höre von Darkwave über FuturePop bis GothicMetal alles, was für mich wohlklingt. Nur den Knicklicht-Kindergarten erspare ich mir.

Wie wür­dest deine musi­ka­li­sche Lauf­bahn beschrei­ben? Über wel­che Rich­tung der Musik bist Du in die Szene gekom­men, wel­che hast hin­zu­ge­won­nen, wel­chen hast du abge­schwo­ren und was hörst du heute?

Ich gebe mal eine Video-Antwort:

Die frühen Jahre

Ohne Mode, Cure und den Neubauten wäre ich trotzdem kein HipHopper geworden!

Die wilden Jahre

Hier und heute


Ich gewinne ständig neue Musikeindrücke hinzu, komplett verlustig gegangen ist mir eigentlich nur Lacrimosa, die kann ich heute nicht mehr hören.

Wie und wo hörst du Musik am liebs­ten?

Auf Konzerten, auf denen der Tontechniker sein Handwerk versteht! Ansonsten mit einem Sony MDR-V700, weil der den Bass bis ins Rückenmark drückt!

Wel­che Musik hörst du außer­halb der typi­schen dunk­len Musik noch?

Wer meinen Blog verfolgt, weiss, dass ich gerne musikalische Ausflüge unternehme. In meine aktuelle Heavy-Rotation haben es aber nur wenige Exoten geschafft: Björk, Broilers, P!nk, Get Well Soon.

Mal ange­nom­men, Du könn­test ein Instru­ment spie­len, hät­test eine tolle Stimme und wür­dest zusam­men mit Freun­den eine Band grün­den. Wel­che Rolle in der Band wäre Deine?

Drummer!

Nenne 5 dei­ner Alben die für Dich unver­zicht­bar mit Szene ver­bun­den sind.

Darf ich auch eine Fotoantwort geben?

Wer diese Scheiben im Schrank hat, muss damit leben, dass er zur Szene gehört.

🙂

Wel­che musi­ka­li­schen Eigen­schaf­ten hat für dich das ideale Lied?

Dieses Lied wird es hoffentlich nie geben. Ich würde womöglich aufhören, neue Musik zu erkunden. Dieses Lied schürt eine Sehnsucht, die aber nicht erfüllt wird. Es hat einen wunderbar durchkomponierten tiefen Bass. Es braucht sowohl eine Männer- als auch eine Frauenstimme. Das ideale Lied braucht Platz und ist deshalb mindestens 6 Minuten lang.

Wel­che Band oder wel­chen Musiker/in wür­dest Du gern mal inter­viewen und auf wel­chen Frage musst Du dabei unbe­dingt eine Ant­wort haben?

Aus der Szene würde ich gerne einmal ein paar Takte mit Anne Clark sprechen und sie fragen, was sie von ihrem aktuellen Publikum hält. Ansonsten habe ich mit Björk noch ein Hühnchen zu rupfen…

Wer oder was reprä­sen­tiert für Dich die Zukunft der »schwar­zen« Musik?

Der FuturePop-Bereich um Covenant und VNV Nation. Mit einer Weiterentwicklung in diese Richtung könnte ich gut leben. Ich liebe in Clubs ganz besonders EBM, aber der entwickelt sich seit Jahren nicht mehr weiter und ist deshalb schön und tot. Das gilt auch für so glanzvolle Musik, wie sie QNTAL und Deine Lakaien machen.

Gothic Friday

Posted in allgemein with tags , , , , , , , , , , , on 20. Januar 2011 by tobikult

Eine Mitmachaktion, der ich mich einfach nicht entziehen kann. Auf www.spontis.de ist unter dem Titel „Gothic Friday“ eine Initative für Blogger aus der Gothic-Szene gestartet worden, die fast schon einen ethnographischen Sonderforschungsbereich rechtfertigen würde (dann würde sie allerdings nur halb so viel Spaß machen). Außerdem ist heute blöderweise erst Dienstag (ja, ich weiß, veröffentlicht erst am Donnerstag), dabei wäre meinem Empfinden nach bereits Freitag durchaus angemessen. Ich tue dann also mal so als ob.

Die Einstiegsfrage in dieses Projekt ist die nach dem Einstieg in die Szene, oder als Frage formuliert:

Wie bist Du in die Gothic-Szene gekommen?

Da ich ja fast schon rentenberechtigt bin, erlaube ich mir einen Blick in die Weiten meines bereits gelebten Lebens und schaue mal nach, wann es denn losging mit dem „Schwarzsein“.

Alles begann, als meine ältere Schwester die Depeche Mode LP „Black Celebration“ mit nach Hause brachte. Das war 1986 und mein Leben spielte sich überwiegend in der Schule, der Kirche und im Wald ab. Musik stand bis dahin nicht im Mittelpunkt meines Interesses. Aber diese Scheibe hat etwas gestartet, was bis heute anhält: die Begeisterung für dunkle Klänge und das damit verbundene Lebensgefühl.

Die konservativ-christliche Erziehung, die für mich ausgesucht wurde, unterband allerdings eine umfassende Exploration der entsprechenden Genre und ich suchte mir für meine kritischen Erzeuger und die kirchliche peer-group hinnehmbare Nischen. Hier rettete mir u.a. Saviour Maschine meine frühe Jugend. Dann begann ich Skateboard zu fahren und versuchte natürlich auch, entsprechend auszusehen. Meine musikalische Vorliebe für DM, The Cure, Silke Bischoff, Wolfsheim und Co ließen mich in dieser anders gelagerten Szene aber nie richtig ankommen, dabei macht die Art der Fortbewegung auf vier Plastikrollen einen Heidenspaß. Aus dieser Zeit habe ich lediglich die guten alten Airwalks als angemessenen und gothic-tauglichen Turnschuh herübergerettet.

Als ich Mitte der 90er für meinen Zivildienst mein Elternhaus und mein soziales Umfeld hinter mir ließ, begann die experimentierfreudigste Phase meiner Musikleidenschaft. Kaum ein Metalabend war in der Dorfdisko „Jump“ vor mir sicher, regelmäßig zog es mich in die Nachtschicht nach Göppingen zur Industrial-Night, nach Stuttgart ins Müsli, den Bär oder ins Universum oder wie die Schuppen alle hießen. Mit meiner damaligen Freundin erweiterten wir zeitweise den Radius bis nach Landau, um im Mesh die Mähne zu schütteln (die ich damals noch hatte). Ich erklärte ihr die Genialität von Philip Boa and the Voodooclub und sie machte mich mit Goethes Erben/Erblast, Lacrimosa und Anne Clark vertraut.

Ich oszilierte in der Wahl meiner Kleidung noch zwischen Öko und Grunge, der Anteil schwarzer Klamotten nahm jedoch sprunghaft zu und wurde nach und nach zur einzigen Farbe in meinem Kleiderschrank.

Das Studium erleichterte die Metamorphose zum 24/7-Schwarzen mit Anspruch an schlichten Schick, scheint die Dichte der Szenegänger und der inspirierenden Modelle in meinen Fachrichtungen nicht gerade gering zu sein. Der Freundeskreis hatte sich nach und nach geändert, und es fanden sich immer mehr freundliche Wesen, die einen dunkel-ästhetischen Anspruch an die wichtigen Lebensbereiche stellten.


Was ich lange unterschätzt hatte, war die glücklich machende Wirkung von Festivals. Diese Häufung von „normalen Menschen“, wie sie jedes Jahr zum Wave Gotik Treffen nach Leipzig kommen, genieße ich erst seit 2006. Seitdem ist Pfingsten aber reserviert für diese Tage, an denen ich meinen inneren schwarzen Akku auflade, um den plastikbunten Alltag ertragen zu können. Eine zusätzliche Auffrischung gönne ich mir im Sommer stets auf dem Amphi-Festival in Köln.


Die Diskobesuche sind im letzten Jahr wieder seltener geworden. Hier mal Schwarzes Schwimmbad oder Endzeitwelten, da mal Schwarzes Karlsruhe oder Superschwarzes Mannheim. Mir ist es umso wichtiger, was mir unter der Woche an meine Ohren kommt. Radio ertrage ich kaum noch, dafür pflege ich meine Playlists zu allen Lebenslagen intensiv.

Früher konnte ich nie beantworten, woran man denn merkt, dass man ein Gothic sei. Die Farbe Schwarz und die „typischen“ Musikvorlieben greifen mir zu kurz. Gothic ist für mich nur zu einem Teil Szeneleben. Vielmehr ist es ein ästhetisches Empfinden, ein Lebensstil. Egal ob bei der Wahl des Automobils, der Wohnungseinrichtung, der Literatur oder des Bildschirmschoners. Gothic hat sich überall breit gemacht in meinem Leben, und ich kann das immer noch sehr gut leiden. Meine Lieblingsfrage lautet: „Gibt’s das auch in schwarz?“.

Musikalische Früherziehung im Juli

Posted in Musikalische Früherziehung with tags , , , , on 3. August 2010 by tobikult

Juli war Amphi-Festival-Monat. Hier meine Top-5.

VNV Nation – Standing

Mesh – Who Says

Anne Clark – Boy Racing

And One – Body Company

Mono Inc. – Get Some Sleep

Musikalische Früherziehung

Posted in Musikalische Früherziehung with tags , , , , , , , on 10. April 2010 by tobikult

Liebe Leserin, lieber Leser,

der Soundtrack unseres Lebens ist zuemeist doch nicht so individuell, wie wir es uns vorgauckeln.
Die Idee, im monatlichen Rhythmus den Besuchern eines Blogs eine Playlist des Autors vorzustellen, gefällt mir aber so gut, dass ich die Rubrik „Musikalische Früherziehung“ hiermit neu einführe.

Für den Monat März 2010 sah die Top 5 der Musik zu meinem Film so aus:

Platz 5

MONO INC. – Get Some Sleep

Platz 4

Anne Clark – Boy Racing

Platz 3

Get Well Soon – Angry Young Man

Platz 2

Covenant – Call The Ships To Port

(diesen Monat gerne in der hier verlinkten Version von DJ Tomcat)

Platz 1

Depeche Mode Photographic

(und zwar in der „Bizarr-Version“, die auch Basis für die Live-Performance ist)